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Der Gurkenmurkser |
Die Rolle des rechtswendigen Gurkenmurksers
(Deflator dextrospirillus BARKS 1957)
in der Differentialdiagnose des Zeckenstichs in der nördlichen Hemissphäre
Die medizinische Bedeutung von terroristischen temporären Ektoparasiten rückt zunehmend ins wissenschaftliche Interesse (Bryan, Lee). Besonders der gemeine Holzbock (Ixodes ricinus) und seine nordamerikanischen Verwandten (Ixodes dammini und pacificus) wurden in Hunderten von wissenschaftlichen Arbeiten auch unter dem besonderen Aspekt der pekuniären Situation von Landärzten gewürdigt (Hustler). Ihnen (den Arthropoden, nicht etwa den Landärzten) ist ein Platz in der Geschichte sicher (Abb. 1).
Unter den terroristischen Arthropoden nehmen die Zecken ohne Zweifel eine Sonderstellung ein. Umfangreiche Literatur hat sich in den vergangenen Jahren zu allen nur denkbaren Fragen im Zusammenhang mit Zeckenstichen angesammelt. Wir wissen über die Lieblingsspeise der Zecken in Amerika (White-tailed deer, Weißwedelhirsch) ebenso Bescheid wie über die Frage ihres bevorzugten Biotops (halbschattige Waldränder); über ihre Lieblings-Aussichtsorte (Adlerfarn, Trotter 1989) ebenso wie ihre Lieblingstemperatur (über 8°C). Wir wissen über die von ihnen verursachten Gebrechen fast alles, wenngleich täglich mehr hinzukommt und zweifellos vieles maßlos überschätzt wird (siehe auch Cordiano).
Wir wissen nichts (fast nichts) über diese eine zentrale Frage, die Tausenden von Mitmenschen jedes Jahr den Schlaf zu rauben droht: Muß man nun linksherum oder kann man auch rechtsherum drehen?? Quadratfußweise wurde Papier mit Hinweisen bedruckt. wie der (wirkliche!) Fachmann sich eines derart pikanten Problems entledigt. Ob mit Klebstoff oder Leim, Olivenöl (ist die Qualität extra vergine notwendig oder reagiert die Zecke besonders sensibel auf Verunreinigungen in speziellen spanischen Ölsorten?), Zeckenzange oder Skalpell, gutem Zureden oder bergmännischem Gerät: einfach alles wurde schon empfohlen. Aber all diese Hinweise und wohlgemeinten Ratschläge aus Hausfrauenblättern, Apothekerzeitschriften, Merkblättern von Selbsthilfegruppen, Mitteilungen von Gesundheitsämtern und medizinischen Fachzeitschriften bis hin zur in paramedizinischen Fragen höchst angesehenen Medical Tribune konnten diese zentrale Frage nicht lösen: links- oder rechtsherum? Sichtung der Literatur
Die Literatur zu dieser völlig neuartigen Nord-Süd-Problematik ist leider so spärlich (Hooper, Hoopoop), daß sie ebenfalls keine eindeutigen Aussagen ermöglicht. Ob etwa auch das Aussterben der Dronte mit der fachlich unzureichenden Parasitenentfernung zusammenhängt, ist noch Gegenstand heftiger Kontroversen unter Paläoparasitologen. So bleibt der zitternde Patient alleingelassen mit einem so schwerwiegenden Problem, gelähmt vor Angst. Wenn er nun falschherum dreht? Muß er womöglich die falsche Drehrichtung ein Leben lang büßen?
![]() Intensive Forschungen, auch unter Einsatz nicht-getunnelter raster-elektronen-mikroskopischer Methoden (Abb. 2b mit freundlicher Genehmigung von H. Thiele, Europ. Institut f. Transurane, Karisruhe) haben das Problem nicht lösen können. So weisen die einheimischen und ausländischen Zecken, ob nun Holzbock oder nicht, keinerlei wie auch immer geartetes Gewinde an ihrem Stichapparat auf. Dieser funktioniert vielmehr wie ein sogenanntcr Fischerdübel. Mit diesem Spreizanker verankert sich die Zecke beim Blutsaugen dergestallt, daß (ob links oder rechtsdrehende) Versuche der Entfernung immer mit demselben Ergebnis enden. Der Kopf wird abgerissen und der Doktor schimpft über den Dilettanten. Weshalb also hält sich das hartnäckige Vorurteil über die Linksdrehung? Können Millionen Zeckenopfer irren?
Der Gurkenmurkser
Während Zecken und einige Milben als obligate Wirbeltier-Ektoparasiten auftreten, vergreift sich der Gurkenmurkser ausschließlich an Weich- und Hohlkörpern mit einem gewissen inneren Überdruck, denen er aus im wesentlichen hedonistischen Motiven und in charakteristischer Weise den Füllungsdruck entzieht. Menschen sind also in der Regel nur gefährdet, wenn sie einen meßbaren inneren Überdruck aufweisen, was in der Regel nur bei Politikern und anderen Funktionären auftritt. Die Gefährdung (Maßeinheit 1 Kohl = 1 KiloPol = 1 MegaBürg) läßt sich wie folgt abschätzen: x = Anzahl der Berufsjahre / maximale Fluchtgeschwindigkeit mal Wurzel aus der Entfernung zu Bonn. Fehlversuche bei der versuchten Nahrungsaufnahme des Gurkenmurksers an Entenschnäbeln kommen gelegentlich auch vor und führen zu schmerzhaften Verletzungen, wie bereits Barks 1957 dokumentierte (vgl Abb. 3). Der Gurkenmurkser weist einen deutlichen Geschlechtsdimorphismus auf. Die Männchen sind leuchtend metallisch gefärbt und tragen auf ihren Flügeldecken deutliche Punkte, wogegen das Weibchen eine einheitlich grüne Färbung zeigt. Einzigartig in der Insektenweit ist die Tatsache, daß die Zahl der Punkte beim Männchen mit der Zahl der erfolgreichen Attacken auf Gurken zunimmt, so daß schließlich die Punkte mit der Zeit konfluieren und in eine einheitliche Färbung, ein leuchtendes Himmelblau, übergeht. Offensichtlich führt dies zu Vorteilen in der Partnerwahl. Männchen mit einheitlicher Farbe (also in der Attacke besonders erfolgreiche Exemplare) werden von den korkenzieherlosen Weibchen bevorzugt. So kommt es zu einer spezifischen evolutionären Entwicklung, die zur Ausbildung eines perfekten korkenzieherartigen Rüssels geführt hat (Abb. 6), da erfolgreiche Entkorker bei der Fortpflanzung bessere Chancen haben. Die leuchtend blaue Farbe ist auch ein Hinweis auf die phylogenetisclie Einordnung der Art, die lange umstritten war. Erst DNA-Analysen (“fingerprint method") führten zur überraschenden Einordnung der Art in eine archaische und bereits ausgestorben geglaubte Unterfamilie der Rüsselkäfer, die Spirillorhynchinae (Freude et al. 1990). Spuren dieser Unterfamilie waren u.a. im Bruchsaler Mittleren Muschelkalk gefunden worden (Review in Metzger 1991). Die Käfer starben vermutlich aus, weil sie beim Versuch des Anbohrens einer Gurke abrutschten, kopfüber auf den harten Unterboden aufschlugen und sich dabei das Gewinde so verbogen, daß es nicht mehr zum Entkorken taugte. Die dabei verursachten Kratzspuren waren lange ein geologisches Rätsel (Mayer 1954 und 1955; die Reste eines Rüssels der damals erheblich größeren Arten wurden von ihm als "mäandrierende Kriechspur" verkannt). Erst im Eiszeitalter scheinen die Bedingungen wieder besser geworden zu sein, weil das Lockergestein Löß für eine weiche Unterlage sorgte. Bis dahin waren aber alle Arten bis auf eine ausgestorben. Der Gurkenmurkser kann also mit Recht als lebendes Fossil bezeichnet werden.
Der Gurkenmurkser kann durch sein hochentwickeltes Entkorkungsinstrument effektiv und schnell an das Gurkeninnere herankommen, Durch seinen Verbrauch von bis zu 99 Gurken pro Tag kann allerdings auch großen wirtschaftlichen Schaden anrichten. Bekanntestes Beispiel ist der vorübergehende Niedergang der Entenhausener Essiggurkenindustrie bei der Epidemie 1956. Alle konventionellen Bekämpfungsmethoden hatten damals versagt. Erst durch den Einsatz damals epochemachender biologischer Kontrollmethoden (Bekämpfung durch den einzigen natürlichen Feind des Gurkenmurksers, die gemeine Pestwespe (Vespa pestilentifera Duck 1957) konnte die Epidemie kontrolliert werden und die Konservenindustrie überleben (Barks 1957; Abb. 9 modif.). Der Gurkenmurkser hat (wie wir annehmen, unter dem Einfluß der Corioliskraft') zwei gut differenzierte Varianten auf der Nord- bzw. Südhalbkugel ausgebildet, wobei er in einem etwa 2 000 km breiten Streifen entlang des Äquators völlig fehlt. Die nördliche Rasse (D. dextrospirillus f. dextrospirillus BARKS 1957) weist ein konstantes Rechtsgewinde, die südliche Rasse D. dextrospiriflus f. inversospirillus RHEINHEIMER 1987, in Tasmanien von Schwaiger und Arendt bei deren Suche nach tasmanischen Beutelwölfen erstmals beobachtet, ein Linksgewinde auf. Dies führte offensichtlich zum Erlöschen der Population in Äquatornähe, da der Rüssel auch im Balzverhallen des Gurkenmurksers eine zentrale Rolle spielt. Kreuzungsversuche im Labor mit Exemplaren der nördlichen und südlichen Rasse sind bisher konstant gescheitert. Es zeigte sich, daß beim Aufeinandertreffen von Rechts- und Linksgewinde im entgegengesetzten Amok beim Balzspiel eine erfolgreiche Kopulation nicht mehr möglich ist. Konsequenterweise kann daher die bisherige taxonomische Einordnung als infrasubspezifische Variante nicht weiter aufrechterhalten werden; der Südhalbkugel-Gurkenmurkser muß als eigene Art betrachtet werden: Deflator inversospirillus Rheinheimer 1987 bona sp., stat. nov. Die geographische Verbreitung des Gurkenmurksers weist neben dem Äquatorialgürtel und den Polkappen nur distinkte Lücken auf. Zunächst war der Grund für diese Lücken unklar. Unser Mitarbeiter G. Picklespoon konnte schließlich im Rahmen seiner an unserem Institut durchgeführten Examensarbeit zeigen, daß die Verbreitungslücken identisch sind mit dem Verbreitungsgebiet der Spritzgurke (Ecballium elaterium). Diese gurkenähnliche Pflanze hat eine spezifisch auf Deflator gerichtete Verteidigungsstrategie entwickelt. Wird nämlich eine reife Frucht der Spritzgurke auch nur leise berührt, so explodiert sie und streut die harten Samen gegen jeden tatsächlichen oder vermeintlichen Gurkenmurkser. Dieser wird von der - aus Käferperspektive - "panzer"brechenden Waffe augenblicklich geplättet. Das enthaltene Phlogiston entweicht und bleibt für den Käfer unerreichbar. So konnte sich die Art in den Verbreitungsgebieten der militanten Spritzgurke nicht halten.
Danksagungen
Handverlesene Literatur: die wirklich wichtigen Arbeiten!
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